“Ich bin gestresst”, für eine Menge Studierende ist dies die Standardantwort, wenn man danach fragt, wie es ihnen geht. Eine als Beschwerde bemäntelte Prahlerei arbeitswütiger High Performer in einer “Stressdarstellergesellschaft”? Eine Art obskurer Sportkult mit dem Ziel, das Studium restlebenfrei mit Aufgaben zu füllen? Der Versuch, Sinn zu stiften, denn wer etwas zu tun hat, hat etwas zu tun. Oder doch die Angst der Loser, der Horror davor, nicht nützlich und zweckmäßig genug zu sein? Allenthalben entfaltet sich die deformierende Wirkung dieser Gesinnung – Universitäten wirken heuer wie Gulags, Studierende wie angetriebene Lastentiere.

Diese Überidentifikation mit dem eigenen Terminplan, dieses Fügen in den Rhythmus des selbstgewählten Karrierismus… Dieser iterative Stuhltanz um Kurse, Praktika und außeruniversitären Aktivitäten, er ist dem falschen Ehrgeiz geschuldet. Es ist als glaubten die Verfechter der Geschäftigkeit, trostlose Hemdsärmlichkeit und alberner Aktionismus schütze sie vor einem dummen, trivialen oder bedeutungslosen Studium. Anscheinend gilt “Geschäftigkeit” inzwischen als akzeptable und sogar glamouröse Entschuldigung dafür, eben genau das nicht mehr zu tun, nämlich scharf und vor allem selbst zu denken. Konfetti-Vernunft, Splitter-Wissen und Seelen-Entropie sind das Ergebnis, wenn man seine Aufmerksamkeit durch allzu wichtige Aktivitäten zerstückelt.

Stud-Blog ist ein großer Verfechter des Nichtstun und Müßiggangs (hier). Nichtstun, was heißt, temporär absolut nichts zu tun, dient dazu, sich zu erbauen, nachzudenken, Neues zu entdecken. Nichtstun war stets das Übungsfeld des Menschen und seines Geistes; eine deutsche Volksweisheit lautet nicht ohne Grund: “Faulheit denkt scharf”. Müßiggang und Nichtstun sind kein Hochverrat an der Leistungsgesellschaft, keine Sabotage der Meritokratie, sondern die einzige zeitgemäße Möglichkeit, Handlungen und Ziele in forschungsfördernde Synchronität zu bringen.

Anders als von deren Advokaten erhofft, so zeigt die Forschung, bringt Geschäftigkeit meist nichts! Stud-Blog klärt auf:

I
Zuallererst senken übervolle Organizer messbar die Produktivität pro Stunde. Nach rund 50 Wochenarbeitsstunden singt die Leistungsfähigkeit rapide (hier).

II
Mit der Anzahl der Aktivitäten steigt auch das Ablenkungsniveau. Das dafür nötige Umschalten zwischen den Aufgaben und das Filtern von Informationen, kurz, der dafür nötige Mehrprozessbetrieb überfordert uns. Trotz objektiv schlechterer Leistungen glauben aber immer noch zu viele, Geschäftigkeit sei effektiv – pure Illusion (hier).

III
Geschäftigkeit verengt unsere Aufmerksamkeit und unsere Fähigkeit, gute Entscheidungen zu treffen. Wer stets beschäftigt ist, der orientiert sich an unmittelbaren Notwendigkeiten, priorisiert dringende und sofortige Entscheidungen, anstatt gründliche und strategische Gedanken (hier).

IV
Geschäftigkeit provoziert nicht nur Fehlentscheidungen, sie senkt zudem unsere Fähigkeit, gesetzte Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Nervös-neurotischer Aktivismus reduziert unsere Leistungsfähigkeit (hier).

V
Geschäftigkeit verengt den Zeitfokus, was wiederum die Problemlösungsfähigkeit und unsere Fähigkeit, kreative Lösungen zu generieren, reduziert. Wir denken weniger gut im Schatten übergroßer Ideale der Arbeitsethik (hier).

VI
Je größer das Pensum, desto weniger kognitive Kapazität bleibt für originelles und kreatives Denken; sogar das Erzeugen herkömmlicher Gedanken dauert länger, wenn man viel um die Ohren hat. Ein gestresster Geist kommt stets auf bereits vertraute Gedanken, landet zwangsläufig bei der uninteressantesten Lösung für ein Problem (hier).

VII
Zu viele Entscheidungen sind der Feind langfristiger Ziele – Forschung ist deshalb oft Super-Monotasking.