Der aktuelle Wissensstand ist beides, komplex und kompliziert. Und so mangelt es nicht an Ansätzen, Wissenschaft zum Infotainment zu machen, sondern daran, dass Niveau des allgemeinen Verständnisses auf die Ebene der Systeme zu heben. Sie eigenes Sachniveau an das gefühlte Sprachniveau ihrer Kundschaft an.
Stud-Blog meint*, dass die drei poster childs der televisionären “Wissenschaftskommunikation”, außer vielleicht oberflächliche Beschäftigung mit Wissenschaft, keine tatsächliche Wissenschaftsbegeisterung auslösen.
The Big Bang Theory
Die CBS-Sitcom über eine bunt gemischte Gruppe von Wissenschaftlern auf der CalTech ist ein regelrechter Quotenhit. Wissenschaft ist in dieser Show zwar weitgehend korrekt, immer aber flach und damit quasi irrelevant – sie muss auch nicht verstanden werden.
Humor bedeutet hier, relativ bekannte Begriffe zu verwenden, die mit Wissenschaft zu tun haben, die dahinter verborgenen wissenschaftlichen Konzepte aber nicht zu erklärt, sondern diese mit gewöhnlichen Situationen zu verknüpfen. Der Aha-Moment bezieht sich lediglich darauf, die Referenz erkannt zu haben – intelligente und anspruchsvolle Wissenschaftswitze kommen quasi nicht vor. Die Prämisse, dass hier Wissenschaft der Ursprung ist, ist somit grundsätzlich nicht notwendig; so sehr, dass man sich fragt, ob sie nicht sogar stört.
BBT wirkt bei genauerer Betrachtung zudem wie ein televisionärer Affront, statt tatsächlich eine Öffnung der Wissenschaft und der dazugehörigen Campus-Kultur für das Fernsehen zu sein. Denn die Show repräsentiert genau nicht Nerdness und Campus-Kultur, vielmehr verzerrt sie sie zur Groteske, macht sie sie zum Gegenstand von Spott. Genau deshalb wird die Show auch von denen gehasst, die sie versucht zu porträtieren – es wird nicht mit den Wissenschaftlern gelacht, sondern über sie.
TED
Auf der Kreativ-Konferenz TED, TED steht für Technology, Entertainment und Design, treffen sich seit 26 Jahren Unternehmer, Politiker und Wissenschaftler – nach eigenen Angaben geht es darum, die Welt ein bisschen besser zu machen. Im Gründungsjahr 1984 mag das noch gestimmt haben, seit 2001 feiert man die Malaise der Wissenschaft.
Leider feiert TED nur die Ehrfurcht vor der Realität; es geht um flüchtige Momente des Staunens, um Wissenschaft als spirituelle Wonne, so flach, dass komplexe Wissenschaft quasi nie auch nur gestreift wird. Das Abstreifen jeglichen Wissenschaftsjargons, das Weglassen der Methodologie sowie die Personalisierung des Stoffes nimmt der Wissenschaft viel Würde und Substanz. So wirkt es stets, als seien alle Teile einer Lösung bereits auf dem Tisch, man müsse sie einfach nur wie das neue iPhone präsentieren.
Unter den “Tedstern” finden sich in auffälliger Weise kaum provokante Innovatoren oder unentdeckte Genies, stets aber bekannte Bestseller und hochdotierte Akademiker. Gezeigt werden nicht Ideen, die sonst in Studierkammern und Forschungslabors verstauben würden, sondern sowieso schon ewig zirkulieren und im Idealfall bereits Marktreife erreicht haben.
Die schwierige und unsichere Arbeit der Entzauberung, harte Wissenschaft, die wirklich verändert, wie wir denken, nun, TED rettet die Welt wie Bono Afrika. Das dahinter eine Stagnation des Denkens steckt, merkt man vor allem daran, dass Nachfragen aus dem Publikum nicht möglich sind. Und so findet auch keine wirklich stabile Verbindung zwischen Menschen und Ideen statt.
Harald Lesch
Lesch feiert sich selbst als Erzieher und Science-Juggernaut; es ist seine Aufgabe, die Geheimnisse des Universums zu lüften und falsche Vorstellungen zu korrigieren. Seit 2008 gestaltet er im ZDF die Sendung Leschs Kosmos – was als Epitome der Naturgeschichte gedacht ist, gleicht vielmehr einer Epiphanie seiner selbst.
Er übersimplifiziert dort in albernen MAZen (oft scheint es, Lesch würde das jeweilige Thema sachlich-argumentativ der Lächerlichkeit preisgeben), was in jedem Schulbuch bereits einfach beschrieben ist. Das ist keine Leistung und würdigt nicht, dass darüber teilweise Jahrhunderte nachgedacht wurde. Ernsthaft wird die wissenschaftliche Methodik hinter den Entdeckungen und Erkenntnissen niemals auch nur angerissen.
Wie beschwerlich und undankbar die Aufgabe Wissenschaft ist, bleibt so unbeleuchtet. Was er vielmehr tut, ist, das Universum langweilig machen, den Leuten die Dinge nachtragen, die sie bereits kennen, und Missverständnisse zerstreuen, die niemand tatsächlich hält.
Es gibt einen Instinkt im Menschen, dass ihn zum Unerklärlichen hinzieht – den zu kitzeln versäumt er. Was Lesch stattdessen macht, ist Trivialisieren, das Einsichtige und Bekannten kulturindustriell aufbereiten. Oft wirkt es sogar so, als habe Lesch weder die Lust noch die Kraft, das Sachniveau tatsächlich so weit zu durchdringen, um es wirklich sprachlich allgemeinverständlich vereinfachen zu können. Statt ersthaft wissenschaftliche Tools nahezubringen, wird jede große Frage der Menschheit im unterkomplexen Plauderton zerredet.
Tatsächlich Neues, methodisch wie theoretisch adäquat und authentisch zu vertreten, dass schafft er nicht. Man bzw. er wisse doch alles schon; das große Abenteuer, wie man zu diesen “Gewissheiten” kommt, bleibt jedoch verborgen. Er verquasselt damit die Möglichkeit eines Kontrapunkts.
* Kritik ist in vielerlei Hinsicht leicht. Der Kritiker riskiert wenig, darf sich dafür aber über jene stellen, die sich und ihre Arbeit seinem Urteil aussetzen. Im Großen und Ganzen jedoch ist das gewöhnliche Durchschnittsprodukt wohl immer noch bedeutungsvoller als die darauf bezogene Kritik.
1 Kommentar
KOM schreibt:
Sep 30, 2016
so sieht’s aus…