Wissenschaftler rotten sich immer öfter für Forschungsvorhaben zusammen. Gangland Wissenschaft? Der Kommilitone als Gang-Mitglied aka Homeboy? Jedenfalls sind Multi-Autoren-Studien inzwischen die Regel: Während die durchschnittliche Anzahl der Autoren pro Studie steigt, sinkt der Anteil der Alleingänge – der wissenschaftlich-schöpferische Solist ist out.
Während die großen Forschungspreise weiterhin das großartige Individuum glorifiziert und dem Geniekult huldigt, fällt der Forschungsalltag ins andere Extrem. Zwar war Wissenschaft seit jeher eine hochkooperative und hyperkollektive Wissensausbauorganisation, aber die neuerliche Kehrtwende in Richtung Kolchose und Kollektivismus ist historisch einzigartig.
Die Schwarmintelligenz, die sich in dieser Multi-Autorenschaft manifestiert, nagt am Humboldtschen Ideal eines wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns “in Einsamkeit und Freiheit”. Inzwischen spricht man in einzelnen Fällen sogar von “Mega-Autorschaft”. Als würde das Grundprinzip der Wissenschaft, der so genannte Peer-Review-Prozess, auf diese Weise tausendfach vergrößert.
Dieser Zusammenrottungstrend ist sowohl dem Anstieg von Forschungsvorhaben geschuldet, die eine verstärkte Zusammenarbeit und Spezialisierung vieler Personen erfordern, als auch eines mörderischen Veröffentlichungsdrucks in der Wissenschaft.
Ob die bloße Zahl der Autoren nun neben Reliabilität und Validität ein Maß für Vertrauenswürdigkeit bilden kann, möchten wir hier unbeantwortet lassen. Stattdessehn listen wir hier die Top-5 des neuerlichen Phänomens der Crowdscience:
5154 Coautoren
Georges Aad et al.: Combined Measurement of the Higgs Boson Mass in pp Collisions at sqrt[s]=7 and 8 TeV with the ATLAS and CMS Experiments, in: Physical Review Letters, Vol. 114, No. 19 (2015)
2933 Coautoren
Georges Aad et al.: Observation of a new particle in the search for the Standard Model Higgs boson with the ATLAS detector at the LHC, in: Physics Letters B, Vol. 716, No. 1, S. 1–29 (2012)
2883 Coautoren
Lander ES et al.: Initial sequencing and analysis of the human genome, in: Nature, Vol. 409, No. 6822, S. 860-921 (2001).
2512 Coautoren
Aleph Collaboration et al.: Precision Electroweak Measurements on the Z Resonance, in: Physics Reports, Vol. 427, S. 257–454 (2006) .
2458 Coautoren
MEGA Study Group et a.: Design and Baseline Characteristic of a Study of Primary Prevention of Coronary Events with Pravastatin Among Japanese with Mildly Elevated Cholesterol Levels, in: Circulation Journal, Vol. 68, No. 9, S. 860–7 (2004).
3 Kommentare
Der Kritiker schreibt:
Apr 14, 2016
Fraglich wer da überhaupt noch als unabhängiger Kreuzgutachter für einer Studie in Frage kommt, wenn quasi restlos das gesamte Forschungsgebiet darin involviert ist… Seltsamer Trend und garantiert nicht bar krimineller Energie!
Josh2x schreibt:
Apr 14, 2016
5k Co-Autoren? WTF!
Anonymous schreibt:
Apr 20, 2016
Wer hat da überhaupt noch die Werkherrschaft? Der h-Index wird dadurch verzerrt! Siehe hier: https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1307/1307.1330.pdf